Liebe Vereinsmitglieder und Freunde,
Die Zeit vergeht schnell, unsere Namibia Reise ist schon Vergangenheit. Ich möchte möglichst kurz aber dennoch umfassend berichten, welche Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen ich bei dieser Reise hatte, und ich möchte mich mit diesem Bericht ganz herzlich auch im Namen der unterstützten Personen bei Ihnen/ Euch allen bedanken.
Vor vier Wochen bin ich aus Namibia zurückgekehrt. Insgesamt habe ich knapp zwei Wochen mit der Besichtigung der unterstützten Projekte und Treffen mit den zu unterstützenden Menschen sowie den Vertretern verschiedenster Institutionen verbracht.
Ich bin zum einen besorgt, zum anderen erfreut über die Eindrücke.
Lassen Sie mich, lasst mich mit den Sorgen beginnen: die Menschen in ganz Namibia – speziell aber im Ovamboland – leiden unter einer für uns unvorstellbaren Regenflut die das ganze Land überschwemmt. Erst heute habe ich in der Windhoeker Zeitung gelesen, dass dies seit Beginn der Wetteraufzeichnungen die stärkste Regenzeit ist.
Im Ovamboland, wo unsere Projekte sind, leiden die Menschen ganz schrecklich unter diesen Witterungsbedingungen. Es gibt dort keinerlei Infrastruktur, die diesen Regenmassen standhalten kann. Im ganzen Land steht das Wasser, die Felder sind überschwemmt, die Hütten fallen in sich zusammen. Die Menschen verlieren ihr Hab und Gut und ihre Ernte ist für das Jahr erledigt. Das wird für viele schlicht Hungersnot bedeuten, da die Masse der Menschen Subsistenzwirtschaft betreibt. Der Ausbruch von Seuchen ist eine Frage der Zeit. Äusserst gefährlich ist diese Situation natürlich auch ganz speziell für kleine Kinder, da sie im Schlamm leicht ertrinken. Das ist grauenhaft.
Auch im Kinderheim in Anamulenge steht überall Wasser bzw Schlamm und es regnet inzwischen in einigen Zimmern durchs Dach. Die Kinder können noch im Trockenen schlafen, sie können aber nicht in ihre Schulen gehen, da ausserhalb ihrer Räume das Wasser steht. Ich habe kein Geld dort verwenden können und müssen, da Cheshire Home National Office die nötigen Schulsachen dieses Jahr bezahlen konnte. Allerdings muss die Nonne, die die Kinder in den vergangenen 4 Jahren betreut hat, gehen, da sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen war. Nun betreut eine Gruppe bestehend aus dem Schulrektor, Angestellten, Nonnen und einem ehrenamtlich tätigen ehemaligen Schulrektor das gesamte Heim.
Es tut mir ausserordentlich leid, solche Nachricht überbringen zu müssen. Ich bin sehr in Sorge über die Weiterentwicklung der Situation. Mit den Verantwortlichen im Heim habe ich besprochen, was getan werden muss für die Kinder und speziell auch, wenn der Regen aufhört. Ich habe zugesagt, dass ich eine Unterstützung für eine Generalsanierung seitens des Kindermissionswerkes anfragen werde. Dazu habe ich vergangene Woche mit der Ansprechpartnerin in Aachen gesprochen. Es gibt von dort noch keine Entscheidung.
Das Aids Projekt „Tonateni“ in Oshakati hat bessere Voraussetzungen. Es ist ein stabil gebautes Gebäude, liegt nicht in einer Senke und ist somit nicht den Wassermassen ausgesetzt. Die Menschen haben „nur“ Mühe, das Center zu erreichen. Schlimmer ist, dass die mobile Suppenküche derzeit vermutlich nicht mehr in die Dörfer fahren kann. Als ich dort war, ging das gerade noch und wir konnten fahren und die Kinder mit Essen beliefern. Das gesamte Projekt ist nach wie vor so gut, so professionell und so hilfreich für die Kinder, die in Familien leben müssen, in denen die Erwachsenen krank sind und nicht mehr für die Kinder sorgen können. Mich hat dieser Besuch in meiner letztjährigen Einschätzung bestärkt, dass Hilfe hier gut und notwendig ist.
Peter und ich haben bereits vor meinem Besuch dort, dem verantwortlichen Priester 500.- Euro aus Vereinsmitteln übergeben. Diese werden für die Suppenküche verwandt. In Planung ist, die mobile Suppenküche so auszustatten, dass an einem sehr stark von Kindern besuchten Platz am Rand von Oshakati ein kleines Gebäude mit Wasseranschluss gebaut werden kann, dass nicht immer alles Geschirr und Spülwasser und Töpfe etc hin und her gefahren werden muss, sondern dort genutzt werden kann.
Tonatini – Kinder vor der Essenausgabe
Eine große Freude hingegen waren die Kontakte mit den beiden Jungs aus Anamulenge die in Windhoek studieren. Sakeus ist seit seinem 3.Lebensjahr Waise, er studiert – mit Erfolg- Chemie und Geologie an der UNAM. Sein Studium finanziert er mit Gelegenheitsjobs und ein bisschen Geld, das er als Praktikant während des Studiums manchmal bekommt.
Simson, sein Cousin ist schwerbehindert. Er hat sein Leben in Anamulenge verbracht. In seinem 10. Lebensjahr habe ich ihn kennengelernt. Damals war er sehr krank. Ich habe ihn gegen alle Widerstände nach Windhoek ins Krankenhaus mitgenommen, habe dort auf eine Behandlung gedrängt und habe auch bei seinen wiederholten längeren Klinik- Aufenthalten einen Lehrer bezahlt, dass er den Schulanschluss nicht verliert.
Simson hat 2009 die Hochschulreife geschafft in Anamulenge und studiert seit Januar 2010 Public Relations in Windhoek an der UNAM. Ein Studienplatz kostet pro Jahr ca 3 600.- Euro pro Person. Darin ist enthalten Unterkunft mit Frühstück im Wohnheim, Studiengebühren, Einschreibegebühren, Buchgebühren, Lehrmaterial, Kopien.
Die beiden jungen Männer helfen sich gegenseitig. Sakeus unterstützt Simson in Dingen, die er wegen seiner Behinderung nicht alleine machen kann, Simson bekommt eine kleine Behindertenrente von 500.-Nam$ (ca 480.- Euro) seitens des Staates. Damit bestreiten die jungen Männer ihren Lebensunterhalt. Simson konnte ich das erste Studienjahr aus Spenden finanzieren, für das zweite Jahr sammle ich derzeit Geld. Sakeus habe ich die vom Rotary Club Kempten Residenz zur Verfügung gestellten 500.– Euro gegeben, als Zuschuss zur Einschreibegebühr und zur Bestreitung des Lebensunterhalts.
Ich habe mit Ansprechpartnern an der Universität gesprochen, die beiden jungen Männer haben dort einen guten Ruf, sie haben sich in ihren Prüfungen jeweils für das Folgejahr qualifiziert und ihnen wird seitens der Uni eine gute Prognose gegeben. Ich persönlich bin sehr stolz auf diese beiden.
Auch mit Kristiana Shilongo habe ich mich getroffen. Sie hat sich nach der vom Rotary Club Kempten Residenz mitfinanzierten Operation so gut erholt, dass sie nur noch wenige körperliche Einschränkungen hat. Ihre Arbeit als Sekretärin in der Kirche macht ihr Spaß. Ihr Verdienst liegt bei 2 700.- Nam$ pro Monat (brutto). Kristiana hat mir berichtet, dass sie sich entschieden hat, anderen zu helfen, da sie ja auch Hilfe erfahren hat. Sie weiß, dass sie uns Europäern nichts zurückgeben kann und muss. Deshalb bat sie mich, alle die ihr geholfen haben, zu informieren, dass sie ehrenamtlich tätig ist in einem Projekt, in dem ehemalige Prostituierte wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Kristiana lehrt den Frauen Schmuck herzustellen, den diese dann verkaufen. Mich hat diese Haltung von ihr sehr gefreut. Auch das ist eine schöne Erfolgsgeschichte.
Viele herzliche Grüße
Sabine Blessing