Archiv des Autors: Sabine Blessing

Infos zu Anamulenge

Am 20.11. ist es wieder so weit, Ich fliege nach Windhoek und werde mit den beiden jungen Männern Simson und Ghelasius, ehemaligen Bewohner des Kinderheims, die in Windhoek studieren, zusammen in den Norden fahren.

Ghelasius studiert an der Fachhochschule in Windhoek und Simson kämpft noch immer damit, ein Stipendium bzw ein Governement Loan für seinen Master Studiengang zu bekommen. Die staatlichen Stellen sind umgezogen und haben beim Umzug eine große Menge Unterlagen verloren, jetzt starten wir das ganze Procedere von vorne. This is Africa!

Sakeus muss noch ein Projekt an der Uni präsentieren, er kann nicht gleich mit uns nach Outapi fahren, aber er kommt schnell dann nach.

Es gibt gute Nachrichten aus Anamulenge: Matheus wird wohl sein Abitur bestehen und sich auch um einen Studienplatz bemühen.

Der indische Priester ist nicht mehr da, er wurde durch einen deutschstämmigen Priester ersetzt, eine neue Schulrektorin hat ihre Arbeit begonnen und die beiden scheinen ein gutes Team zu bilden, das sich den anstehenden Aufgaben energisch widmet. Ich hoffe, das setzt sich fort und ich werde genau hinsehen wenn ich dort bin!

Die Verantwortliche für Anamulenge im Kindermissionswerk fährt noch im Oktober ins südliche Afrika und kontrolliert die Projekte. Darunter fallen Anamulenge und Tonateni. Sie

wird mir noch vor meiner Abreise berichten, wie ihr Eindruck war und wir können besprechen, wie wir am besten weiter verfahren.

Ich bin sehr gespannt! Und ich werde nach meiner Rückkehr einen neuen Rundbrief schreiben.

Danke an alle für die Unterstützung!

Viele Grüsse

Sabine Blessing

Liebe Freundinnen und Freunde,

Wie ich ja schon angekündigt hatte, war ich Ende April für eine Woche in Windhoek, um bei den Feierlichkeiten zu Simsons’s Diplomverleihung teilzunehmen. Das war wirklich beeindruckend! Die Jungs -Simson und Sakeus- hatten beschlossen, alles für mich zu organisieren. Der Tag begann um 6 Uhr morgens. Ein Taxifahrer holte mich in meiner Pension ab und steckte mir gleich zur Begrüßung eine Nelke an. Auftrag des Diplomanden! Dann ging’s ins Safari Hotel am Stadtrand. Ein großes Hotel, in dem die Parteiversammlungen der SWAPO und andere mega Ereignisse stattfinden. Jeder Diplomand durfte zwei Personen mitbringen. Der Präsident, Parlamentsmitglieder, viele Vertreter der UNAM auch deren Präsident, Medien, die Studenten, die Gäste und eine riesiges Aufgebot an Security waren da, bzw. auf dem Weg ins Safari Hotel. Polizisten regelten den Verkehr, es war wirklich was los im Städtle. Simson und Sakeus und eine Cousine von den Jungs warteten auf mich auf dem Parkplatz. Dort waren Händler, die Blumensträuße für die Stars des Tages verkauften. Jeder Diplomand bekam einen Strauss passend zur Farbe der Kleidung, die wiederum je nach Fakultät gestaltet war.

Viele Gäste kamen von weit her. Manche waren feierlich europäisch gekleidet, andere erschienen in ihren traditionellen Gewändern. Besonders auffällig waren die super High Heels der meist jüngeren Mädels.

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Ovambo

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Nach viel Stress mit der Security, durften wir dann endlich in den Konferenzsaal des Hotels. Die Studenten schritten unter den Klängen von „gaudeamus igitur, juvenes dum sumus“ an ihre Plätze; danach wurde gemeinsam die Namibische Nationalhymne und „Africa we are all unite and celebrate together“ gesungen.

Da war ich schon den Tränen nahe. Es folgten viele Reden und Preisverleihungen und alle haben sich bei allen bedankt. Danach wurden die Diplomanden einzeln aufgerufen, mussten aufstehen und wurden bejubelt. Ich war schon ganz zappelig, bis Simson endlich an die Reihe kam. Alle Kameras richteten sich auf ihn, er wurde als der einzige behinderte Absolvent natürlich herausgehoben präsentiert. Ich habe gejubelt und gekreischt und allen um mich herum erzählt, dass das „mein Bub“ ist. Stunden später haben wir dann nochmal die Nationalhymne gesungen und dann kam der feierliche Auszug aller aus dem Saal.

Simson, seine Cousine sowie eine Freundin der beiden und ich sind dann auf die Terrasse des Safari Hotels gegangen, wo ich einen Tisch reserviert hatte. Dort haben wir das Ereignis dann mit einer Flasche Sekt begossen. Alle waren außer sich, weil sie noch nie in einem so noblen Hotel waren. Aber sie haben das alles auch sehr genossen. Ich auch!

Später sind wir dann zur Uni gefahren, wo wir im Wohnheim von Simsons Freunden   empfangen wurden.

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Am nächsten Tag fand dann noch bei Freunden der Jungs eine Party statt. Ich habe mich sehr gefreut, Gelasius dort zu treffen. Gelasius ist auch ein Cheshire Home Kind. Er hat es geschafft, nach dem Abitur ein Stipendium zu bekommen und studiert jetzt Betriebswirtschaft an der Fachhochschule in Windhoek.

GelasiusGelasius

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Ich muss gestehen, ich war mir nicht immer so ganz sicher, ob Simson das alles gut bewältigt; aber jetzt bin ich stolz auf ihn und freue mich sehr.

Er hat evtl. die Möglichkeit ab Ende des Jahres in der öffentlichen Verwaltung in Outapi, seiner Heimatstadt im Norden Namibias, zu arbeiten. Allerdings will er sich dann von dort aus via Fernstudium weiterqualifizieren und den Master Abschluss machen. Auch das traue ich ihm zu.

Sakeus wird dieses Jahr seinen Master Abschluss machen. Er arbeitet derzeit an einem Forschungsprojekt bei einer Firma in Walvis Bay. Vielleicht kann er dort auch eine Anstellung bekommen. Dann wird er seine Freundin und das Baby zu sich holen.

Ich bin gespannt.

Vielen vielen Dank an alle, die zu dem Erfolg der Jungs beitragen!

Sabine

Reisebericht 2012

Hallo liebe Freunde, Unterstützerinnen und Unterstützer! Meine Namibia Reise ist leider schon wieder vorbei, aber bevor ich über meine Eindrücke berichte habe ich erst mal eine tolle Nachricht aus Windhoek: Simson hat seine Diplom Prüfung in „Public Relations“ bestanden. Er wird sie bei einer Feierlichkeit am 25. April überreicht bekommen, ich werde dabeisein und ich werde so stolz auf ihn sein!

Danke, danke und nochmals danke an alle, die zu diesem Erfolg beigetragen haben!

Simson wird voraussichtlich noch zwei Jahre weiterstudieren. Er hat jetzt ein Regierungsdarlehen bekommen, das allerdings nur einen Teil der Studiengebühr abdeckt. Wir werden ihm weiter unter die Arme greifen, denn er muss natürlich Unterkunft und Verpflegung bezahlen, und er braucht dringend einen Laptop für seine Studien.

Hier ein Auszug aus seinem Schreiben:

“Good afternoon and happy new year to you Mrs. Sabine and to you all my sponsors. I am doing great and happy to be back at school. So far I have registered for degree (honours) in Bachelor of Arts in media studies and I am still waiting for response from the ministry of education if I will be given a government $. I will be graduating for my diploma in public relations that I completed last, the graduation will take place this year in April. I am kindly asking for your support again from this year, for me to be able to continue and finish with my degree course.  
I promise to study hard and make you all proud and please Mrs. Sabine I am kindly inviting you and it will be my honour if you attend my graduation coming April please if you can make time for it.

Best wishes and greetings
Simson“

Auch stolz bin ich auf sein Engagement im Sport. Simson trainiert die Uni Fußballmannschaft. Hier der Zeitungsbericht über sein Engagement:

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Sakeus ist in seinem letzten Studienjahr. Er hat es – dank seiner guten Noten im vergangenen Jahr – geschafft, sein Stipendium zurück zu erlangen. Nun muss er dieses Jahr kräftig lernen und sich auf die Abschlussprüfung vorbereiten. Derzeit ist er auf der Suche nach einer Unterkunft in Windhoek. Simson durfte zurück ins Wohnheim auf dem Campus. Sakeus kämpft noch darum, dort auch einen Wohnheimplatz zu bekommen. Das wäre eine riesige finanzielle Erleichterung, da es in Windhoek keinen öffentlichen Nahverkehr gibt, sondern alle Wege mit dem Taxi gefahren werden müssen. (Und die Taxifahrer nützen das leidlich aus!!) Über die Weihnachtsferien waren die beiden Jungs in Outapi in ihrem Heimat- Kraal. Wir haben sie dort besucht, uns alle Renovierungsarbeiten zeigen lassen und mit ihnen Pläne geschmiedet.

Eine ganz große Überraschung für uns war, dass Sakeus Freundin, Josephine ein Baby bekommt. Er hat sie uns vorgestellt, er war auch bei ihrer Familie und hat sich zu der jungen Frau und dem Baby bekannt. Dennoch war das erst mal ein Schreck…aber Sakeus ist 28 Jahre alt und erwachsen genug um zu wissen, welche Aufgaben er nun hat. (Ha, somit werde ich sozusagen Oma, „Memekulu“ in Oshivambo)

Simson    Sakeus
Simson                                                        Sakeus

In Outapi hatte wir weitere sehr nette Begegnungen: Severina und Susanna, beides Lehrerinnen aus der staatlichen Schule in Anamulenge haben wir gesprochen. Die beiden haben fast alle Cheshire Home Kinder unterrichtet und wir haben einiges erfahren über das was die Kinder heute machen. Einige haben eine Familie, aber die meisten haben Arbeitsstellen im Ovamboland in Oshakati.

Eine ganz besondere Begegnung war das Wiedersehen mit Jonas. Er hatte in Cheshire Home zusammen mit Simson gelebt und war aber 2 Jahre vor ihm mit der Schule fertig gewesen. Jetzt unterrichtet er an der staatlichen Schule in Anamulenge. Er ist also dorthin zurückgekommen und bringt sein Wissen anderen bei, wo er selber seine schulischen Anfänge gemeistert hatte!

rb-2012-1Jonas

Im Heim waren die Zustände leider sehr bedrückend. Die Gebäude sind in einem elenden Zustand. Die Hochwasserzeiten der vergangenen 4 Jahre haben zu einem schnellen Kaputtgehen beigetragen. Obwohl Gotthard und Mr Shalumbu alles aufgeräumt und zum Teil angestrichen hatte, war der Verfall deutlich zu sehen: Gerissene Wände, aufgequollende Böden, kaputte Türen und Fenster … ganz zu schweigen von den Sanitärbereichen.

Mit dem Kindermissionswerk in Aachen hatte ich verabredet, einen Projektantrag vorzubereiten um dann von dieser Seite aus einen Zuschuss zu einer gründlichen Renovierung zu bekommen. Den Antrag habe ich auch mit Mr. Shalumbu zusammen ausgefüllt. Allerdings fiel mir dann auf, dass neben der Kirche – auf dem Gelände der Missionsstation – Baumaßnahmen vorbereitet wurden. Auf meine Frage bekam ich zur Antwort, dass der Pfarrer hier eine neue Kirche bauen lässt. Das hat meine Motivation Gelder hier in Deutschland für eine Renovierung des Kinderheimes zu beantragen auf Null absinken lassen.

Ich hatte schon viel Ärger mit dem (indischen) Pfarrer, da er die behinderten Ovambo Kinder nicht für unterstützenswert hält und dies auch deutlich artikuliert.

Nach Gesprächen in Natl Office in Windhoek bin ich so verblieben, dass der Bischof sich zu der Thematik äußern muss. Ich werde keine Unterstützung einer Renovierung vorantreiben, wenn nicht seitens der Kirche und des Bischofs klare Aussagen in Richtung des indischen Pfarrers getroffen werden und uns eine finanzielle Unterstützung bei der Renovierung des Heims zugesagt wird. Sollte er sich nur vage äußern sind wir so verblieben, dass wir schauen müssen, dass unsere Heimkinder einen Schulabschluss schaffen, aber dass wir keine neuen Kinder aufnehmen lassen. Traurig aber leider nicht zu vermeiden.

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Wir haben nicht alle Kinder im Heim angetroffen, da die Ferien einen Tag nach unserer Ankunft begonnen hatten. Für alle Kinder haben wir Hygieneartikel und Schulsachen gekauft. Gotthard wird die Sachen nach den Ferien den Kindern geben. Für Gabriel haben wir die Reparatur seines Rollstuhls finanziert, für Matteus haben wir ein verlorenes Schulbuch ersetzt. Für Elizabeth habe ich nochmals Kontakt aufgenommen mit der Physiotherapeutin in Oshakati, denn das Mädchen hat noch immer keine passende Prothese erhalten. Kristina hat inzwischen ihre Ausbildung bei der Polizei beendet und arbeitet als Polizistin. Gelasius studiert mit Hilfe von Verwandten und einem Stipendium.

Mr Kallippi, der (strenge und desinteressierte) Rektor der kirchlichen Schule ist seit kurzem im Ruhestand. Es war noch nicht sicher, wer seine Nachfolge antreten wird. Ich hoffe für alle Kinder, dass sich jemand findet, der sich der Verantwortung speziell auch für die behinderten Kinder mehr bewusst ist. Gotthard der Hausmeister hat wieder einige Geschichten erzählt, die diese Verantwortungssteigerung notwendig erscheinen lassen!

Tonateni in Oshakati haben wir nicht besucht. Der für das Projekt verantwortliche Pfarrer in Windhoek war ein Jahr in Kenia, der bisher verantwortliche Chef vor Ort hatte die Stelle gewechselt und wie ich schon im letzten Bericht erzählt hatte, war Schwester Theolidis sehr schwer erkrankt. Sie ist im vergangenen Jahr verstorben. Nun muss in Tonateni ein Neubeginn organisiert werden.

Sabine Blessing

Reisebericht 2011

Gleich zu Beginn erst einmal ein gutes Neues Jahr und vielen herzlichen Dank an alle, die unser Tun unterstützen!

Unseren beiden Studenten Simson und Sakeus geht es gut.

Sakeus hat uns zwar gleich zu Beginn der Reise mit seinem Anblick überrascht. Er war in Windhoek überfallen worden. Die Räuber haben ihm einen Frontzahn ausgeschlagen, da er sein Geld nicht hatte hergeben wollen. Nun hat er weder Zahn noch Geld, aber er ist guter Dinge. Ich habe ihn gebeten, mit „Zahnärzte ohne Grenzen“ Kontakt aufzunehmen in der Hoffnung, dass ihm jemand mit einer zahnärztlichen Behandlung helfen wird.

Die Resultate seiner Prüfungen sind leider noch nicht bekannt, er wird uns informieren. Mit diesen – hoffentlich wieder guten – Ergebnissen wird er sich erneut um ein Stipendium für das jetzige Studienjahr bewerben.

Über die Weihnachtsfeiertage musste er in Outapi seinen und Simsons Heimat- Kraal wieder herrichten. Sie hatten den Kraal während des Studienjahres untervermietet und die Mieter sind gar nicht pfleglich damit umgegangen. Wir haben ihnen 1000.-N$ zur Renovierung gegeben.

rb-2011-3Sakeus zeigt mir, wie Hirse gestampft wird

Simson musste im Januar noch eine Prüfung nachschreiben, die er im vergangenen Studienjahr nicht bestanden hatte. In Kürze wird er beim „National Disability Board“ ein studienbegleitendes Praktikum beginnen. Für das Praktikum erhält er keine Vergütung, allerdings bekommt er Fahrgeld. Das ist wichtig, denn in Windhoek gibt es keinen öffentlichen Transport und die Menschen benötigen viel Geld für Taxi Fahrten.

Dank einer ehemaligen Kolleginn von Birgit, die mit ihrer Familie in Oshakati lebt und arbeitet ist es gelungen, gegen Simsons voranschreitende Deformierung der Wirbelsäule ein Korsett anzupassen. Er soll dieses in der Klinik in Windhoek bekommen und von dort auch beim Tragen überwacht werden.

Er wird ein weiteres Studienfach zu „Public Relations“ belegen, nämlich „Social Work“. Seiner Einschätzung nach ist das eine in Namibia gefragte Kombination.

Ich hoffe das auch!

Beide werden uns über ihre Studienergebnisse auf dem Laufenden halten.

Für das Jahres 2012 werden wir den beiden Jungs eine Wohnung in Windhoek finanzieren. Sie können nicht mehr im Studentenwohnheim wohnen und dank der Hilfe von Teresa Smit (Cheshire Homes Natl Office) haben sie ein kleines behindertengerechtes Flat in einer sicheren Gegend in Windhoek gefunden.

rb-2011-5Simson

Kristina ist inzwischen zufrieden mit ihrer Ausbildung bei der Polizei. Diese dauert noch bis zum Ende des laufenden Jahres, daher gibt es derzeit keinen Handlungsbedarf.

Gelasius hat wohl ziemlich sicher seinen Schulabschluss gut bestanden, aber auch seine Noten sind noch nicht bekanntgegeben worden. Eine schriftliche Stellungnahme seiner Lehrerin, Elizabeth Shatilwe lautet:

„he is a very hard working learner, who passed with excellent results throughout his school attendance“

„he is talented and has a good behavior“

Gelasius Eltern sind arbeitslos, er hat weitere 7 Geschwister. Durch die Vermittlung von Cheshire Homes und seiner Lehrerin war er während unseres Besuchs bei einem Interview bei Namibia Telecom. Wir hoffen, diese unterstützen seinen Studienwunsch finanziell. Dann werden wir sehen, was für ihn noch getan werden muss.

(Niemals wurde Simson „good behavior“ bestätigt. Gutes Benehmen war nie seine Stärke, aber in Namibia wird gutes Benehmen bei Behinderten mit fast schon devotem Verhalten gleichgesetzt und devot ist Simson nun wirklich nicht)

Traurig war, zu hören, dass Simon im vergangenen Jahr gestorben ist. Simon war viele Jahre in Cheshire Homes. Er war sehr stark behindert, konnte nur auf dem Bauch liegen und hatte verdrehte, verkürzte Extremitäten, aber er war stets die „Stimmungskanone“ im Heim gewesen. Er ist nach einer kurzen Erkrankung im Haus seiner Verwandten Ende August verstorben.

In Cheshire Homes Anamulenge hat sich die Situation beruhigt. Das Team – bestehend aus Mr Shalumbu, Mr Kallippi, Schwester Rosalie und Gotthard – kümmert sich um die Schule und die Kinder. Die nach dem letzten Hochwasser verbliebenen Schäden waren weggeräumt, die kaputte Wasserleitung war repariert, so dass es wieder fließendes Wasser im Heim gibt. Das ganze Areal war deutlich ordentlicher und gepflegter und es gibt Kostenvoranschläge für eine Gesamtrenovierung. Dazu werde ich mit dem Kindermissionswerk Kontakt aufnehmen.

Von den Spenden der Klasse 4b der Hans Multscher Schule Ulm haben wir Handtücher, Seife, Waschmittel und Schulsachen für die behinderten Kinder in Anamulenge gekauft. Als besonderes Weihnachtsgeschenk gab es dann von diesem Geld auch noch ein paar Süßigkeiten!

rb-2011-4Geschenkeverteilen in Anamulenge

Tonateni in Oshakati war wie immer beeindruckend. In diesem Projekt arbeiten unzählige Ehrenamtliche. Es dient der Unterstützung von Personen und ganzen Familien, in denen HIV Infizierte und Erkrankte leben. So zum Beispiel: Pflege in der Familie, Prävention, HIV Tests, Gruppenarbeit mit Infizierten und die „Suppenküche“ für Kinder aus betroffenen Familien.

Lt. der Statistik von Efraim Ipinge, dem Leiter der Einrichtung waren im Jahr 2011 700 Frauen und 85 Männer ehrenamtlich im Einsatz im Bereich Pflege. Sie haben 2171 weibliche und 630 männliche Klienten betreut. 7299 Kinder wurden durch die Aktivitäten des Programms „Waisen und verwundbare Kinder“ unterstützt.

Allein in den Suppenküchen werden 810 Kinder versorgt. Es gibt die tägliche Mahlzeit im Tonateni Center und 2 – 3 mal pro Woche wird die mobile Suppenküche in der Region aktiv. Suppenküche bedeutet nicht nur eine Versorgung mit Nahrung, sondern es wird geschaut, ob die Kinder in die Schule gehen können, das oft fehlende Schulgeld wird bezahlt, Schuluniformen und Hefte etc – wenn nötig – werden gekauft. Dieses Suppenküchen- Projekt soll feste Plätze bekommen in den Dörfern der Umgebung und sich so dort noch mehr etablieren um bessere Hilfe für die Kinder anzubieten. Dafür hatte ich schon nach meiner letzten Reise geworben. Das schlimme Hochwasser im Frühjahr 2011 hatte leider zum Teil die Versorgung unterbrochen, da viele Dörfer nicht mehr erreichbar waren.

Viel viel schlimmer noch ist allerdings die schwere Erkrankung der verantwortlichen Schwester Theolidis. Von Schwester Theolidis habe ich mich verabschieden müssen, das war sehr traurig. Es wird für sie keine Heilung geben und ich bin mir sicher, dass ich sie bei meinem nächsten Besuch nicht mehr sehen werde. Ihre Arbeit wird nun von einer neuen Schwester übernommen werden. Diese scheint im Stil ihrer Vorgängerin zu arbeiten, das ist gut.

Wir freuen uns über jede Unterstützung, wir werden weiter über die Hilfen berichten und selbstverständlich auch mit den Menschen in Namibia in Kontakt bleiben.

Viele Grüße

Sabine Blessing

Reisebericht 2010/2011

Liebe Vereinsmitglieder und Freunde,

Die Zeit vergeht schnell, unsere Namibia Reise ist schon Vergangenheit. Ich möchte möglichst kurz aber dennoch umfassend berichten, welche Erlebnisse, Erfahrungen und Begegnungen ich bei dieser Reise hatte, und ich möchte mich mit diesem Bericht ganz herzlich auch im Namen der unterstützten Personen bei Ihnen/ Euch allen bedanken.

Vor vier Wochen bin ich aus Namibia zurückgekehrt. Insgesamt habe ich knapp zwei Wochen mit der Besichtigung der unterstützten Projekte und Treffen mit den zu unterstützenden Menschen sowie den Vertretern verschiedenster Institutionen verbracht.

Ich bin zum einen besorgt, zum anderen erfreut über die Eindrücke.

Lassen Sie mich, lasst mich mit den Sorgen beginnen: die Menschen in ganz Namibia – speziell aber im Ovamboland – leiden unter einer für uns unvorstellbaren Regenflut die das ganze Land überschwemmt. Erst heute habe ich in der Windhoeker Zeitung gelesen, dass dies seit Beginn der Wetteraufzeichnungen die stärkste Regenzeit ist.

Im Ovamboland, wo unsere Projekte sind, leiden die Menschen ganz schrecklich unter diesen Witterungsbedingungen. Es gibt dort keinerlei Infrastruktur, die diesen Regenmassen standhalten kann. Im ganzen Land steht das Wasser, die Felder sind überschwemmt, die Hütten fallen in sich zusammen. Die Menschen verlieren ihr Hab und Gut und ihre Ernte ist für das Jahr erledigt. Das wird für viele schlicht Hungersnot bedeuten, da die Masse der Menschen Subsistenzwirtschaft betreibt. Der Ausbruch von Seuchen ist eine Frage der Zeit. Äusserst gefährlich ist diese Situation natürlich auch ganz speziell für kleine Kinder, da sie im Schlamm leicht ertrinken. Das ist grauenhaft.

Auch im Kinderheim in Anamulenge steht überall Wasser bzw Schlamm und es regnet inzwischen in einigen Zimmern durchs Dach. Die Kinder können noch im Trockenen schlafen, sie können aber nicht in ihre Schulen gehen, da ausserhalb ihrer Räume das Wasser steht. Ich habe kein Geld dort verwenden können und müssen, da Cheshire Home National Office die nötigen Schulsachen dieses Jahr bezahlen konnte. Allerdings muss die Nonne, die die Kinder in den vergangenen 4 Jahren betreut hat, gehen, da sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen war. Nun betreut eine Gruppe bestehend aus dem Schulrektor, Angestellten, Nonnen und einem ehrenamtlich tätigen ehemaligen Schulrektor das gesamte Heim.

Es tut mir ausserordentlich leid, solche Nachricht überbringen zu müssen. Ich bin sehr in Sorge über die Weiterentwicklung der Situation. Mit den Verantwortlichen im Heim habe ich besprochen, was getan werden muss für die Kinder und speziell auch, wenn der Regen aufhört. Ich habe zugesagt, dass ich eine Unterstützung für eine Generalsanierung seitens des Kindermissionswerkes anfragen werde. Dazu habe ich vergangene Woche mit der Ansprechpartnerin in Aachen gesprochen. Es gibt von dort noch keine Entscheidung.

rb-2011-1 Kinder in Anamulenge

Das Aids Projekt „Tonateni“ in Oshakati hat bessere Voraussetzungen. Es ist ein stabil gebautes Gebäude, liegt nicht in einer Senke und ist somit nicht den Wassermassen ausgesetzt. Die Menschen haben „nur“ Mühe, das Center zu erreichen. Schlimmer ist, dass die mobile Suppenküche derzeit vermutlich nicht mehr in die Dörfer fahren kann. Als ich dort war, ging das gerade noch und wir konnten fahren und die Kinder mit Essen beliefern. Das gesamte Projekt ist nach wie vor so gut, so professionell und so hilfreich für die Kinder, die in Familien leben müssen, in denen die Erwachsenen krank sind und nicht mehr für die Kinder sorgen können. Mich hat dieser Besuch in meiner letztjährigen Einschätzung bestärkt, dass Hilfe hier gut und notwendig ist.

Peter und ich haben bereits vor meinem Besuch dort, dem verantwortlichen Priester 500.- Euro aus Vereinsmitteln übergeben. Diese werden für die Suppenküche verwandt. In Planung ist, die mobile Suppenküche so auszustatten, dass an einem sehr stark von Kindern besuchten Platz am Rand von Oshakati ein kleines Gebäude mit Wasseranschluss gebaut werden kann, dass nicht immer alles Geschirr und Spülwasser und Töpfe etc hin und her gefahren werden muss, sondern dort genutzt werden kann.

SuppenkücheTonatini – Kinder vor der Essenausgabe

Eine große Freude hingegen waren die Kontakte mit den beiden Jungs aus Anamulenge die in Windhoek studieren. Sakeus ist seit seinem 3.Lebensjahr Waise, er studiert – mit Erfolg- Chemie und Geologie an der UNAM. Sein Studium finanziert er mit Gelegenheitsjobs und ein bisschen Geld, das er als Praktikant während des Studiums manchmal bekommt.

Simson, sein Cousin ist schwerbehindert. Er hat sein Leben in Anamulenge verbracht. In seinem 10. Lebensjahr habe ich ihn kennengelernt. Damals war er sehr krank. Ich habe ihn gegen alle Widerstände nach Windhoek ins Krankenhaus mitgenommen, habe dort auf eine Behandlung gedrängt und habe auch bei seinen wiederholten längeren Klinik- Aufenthalten einen Lehrer bezahlt, dass er den Schulanschluss nicht verliert.

Simson hat 2009 die Hochschulreife geschafft in Anamulenge und studiert seit Januar 2010 Public Relations in Windhoek an der UNAM. Ein Studienplatz kostet pro Jahr ca 3 600.- Euro pro Person. Darin ist enthalten Unterkunft mit Frühstück im Wohnheim, Studiengebühren, Einschreibegebühren, Buchgebühren, Lehrmaterial, Kopien.

Die beiden jungen Männer helfen sich gegenseitig. Sakeus unterstützt Simson in Dingen, die er wegen seiner Behinderung nicht alleine machen kann, Simson bekommt eine kleine Behindertenrente von 500.-Nam$ (ca 480.- Euro) seitens des Staates. Damit bestreiten die jungen Männer ihren Lebensunterhalt. Simson konnte ich das erste Studienjahr aus Spenden finanzieren, für das zweite Jahr sammle ich derzeit Geld. Sakeus habe ich die vom Rotary Club Kempten Residenz zur Verfügung gestellten 500.– Euro gegeben, als Zuschuss zur Einschreibegebühr und zur Bestreitung des Lebensunterhalts.

Ich habe mit Ansprechpartnern an der Universität gesprochen, die beiden jungen Männer haben dort einen guten Ruf, sie haben sich in ihren Prüfungen jeweils für das Folgejahr qualifiziert und ihnen wird seitens der Uni eine gute Prognose gegeben. Ich persönlich bin sehr stolz auf diese beiden.

rb-2011-2Simson und Sakeus

Auch mit Kristiana Shilongo habe ich mich getroffen. Sie hat sich nach der vom Rotary Club Kempten Residenz mitfinanzierten Operation so gut erholt, dass sie nur noch wenige körperliche Einschränkungen hat. Ihre Arbeit als Sekretärin in der Kirche macht ihr Spaß. Ihr Verdienst liegt bei 2 700.- Nam$ pro Monat (brutto). Kristiana hat mir berichtet, dass sie sich entschieden hat, anderen zu helfen, da sie ja auch Hilfe erfahren hat. Sie weiß, dass sie uns Europäern nichts zurückgeben kann und muss. Deshalb bat sie mich, alle die ihr geholfen haben, zu informieren, dass sie ehrenamtlich tätig ist in einem Projekt, in dem ehemalige Prostituierte wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Kristiana lehrt den Frauen Schmuck herzustellen, den diese dann verkaufen. Mich hat diese Haltung von ihr sehr gefreut. Auch das ist eine schöne Erfolgsgeschichte.

KrisitianaKrisitiana und Sakeus

Viele herzliche Grüße

Sabine Blessing